2. Juli 2020
Die Freiheit von Forschung und Lehre verteidigt in Deutschland bekanntlich die Professorenmehrheit. Ja, bewusst ohne Binnen-I und *, denn es ist vorzugsweise immer noch der verehrte Herr Ordinarius, der die Geschicke seiner akademischen Schäfchen leitet. Manchmal muss ein guter Hirte eben auch den Stab einsetzen und eine Stelle streichen, wenn das junge wissbegierige Lamm gar zu lange an einer unerwünschten Stelle weiden will. Es mag auch kein böser Wille sein, denn die Schatztruhen bei Hofe sind oft leer oder mit starken Schlössern gesichert.
Was waren das noch für Zeiten, als Friedrich der Weise von mehr als 500 Jahren einfach mal eben eine Universität für sein Land errichtete. Und dass sogar ohne die vorgeschriebene Akkreditierung – also ohne Päpstlichen Segen aus Rom. Überliefert wird jedoch, dass die Saläre der hochgelehrten Herren Magister und Doktoren schon damals nur knapp bemessen gewesen seien. Ein Juniorprofessor mit griechischem Namen (offenbar Migrationshintergrund) soll über zu geringe Entlohnung für das Lehrpersonal geklagt haben. Vermutlich war dieser Melanchthon bloß einfach nicht in der Lage einen ordentlichen Drittmittelantrag beim Fürsten zu stellen. Aber wer ist bei diesen Anträgen eigentlich immer dieser ominöse „Dritte“? Es gibt den Antragstellenden und die staatlichen Gelder… aber der Dritte? Handelt es sich bei Forschung und Lehre in Deutschland etwa gar um einen Vertrag zu Lasten von Dritten?
Ein anderer weiser Herrscher der EU (mit mehr Soldaten als Friedrich oder Annegret Kramp-Karrenbauer) und berühmter Vorläufer Macrons und von der Leyens (damals war es anders als heute nur ein Amt) befand dann, dass solche Anstalten von Forschung und Lehre für ein modernes Staatswesen mit gehorsamen Untertanen entbehrlich sein sollten. Ob die Schließung der Wittenberger Universität durch Napoleon dem Anhaltischen Volke zu Nutzen war, das mag allein der Schatzkanzler Richter am Hofe zu Magdeburg entscheiden. Die Abgeordneten des Finanzausschusses werden im Stillen dem „großen Bonaparte“ ihre Referenz erweisen, kommen sie doch auf elegante Weise um den äußerst unerfreulichen Schließungsbeschluss herum.
Und wenn die versammelte Aristokratie von HRK, BMBF und Landesministerien jetzt einen Zukunftspakt für die Vergangenheit umsetzt, dann muss sie sich nicht allzu sehr vom Gequake der subalternen Hilfsgelehrten mit Fristverträgen piesacken lassen. Die Teilzeitbeschäftigten und Lehrbeauftragten sollten einfach mal die Zähne zusammenbeißen und ihrem Land und der Wissenschaft dienen. Und übrigens, wenn „Du“ den akademischen Sumpf mit üppigen Honorarverträgen und Kettenverträgen trockenlegen willst, dann solltest „Du“ nicht die Frösche fragen… Fürs erste sollten die Hochschulimmobilien im Sinne des Feldhamsterurteils des EuGH erhalten bleiben, falls die Lehrenden und Forschenden nach Auslaufen ihrer Fristverträge dereinst doch in Hörsäle, Labore und Bibliotheken zurückkehren sollten. Vielleicht findet sich ja in nicht allzu ferner Zukunft ein neuer Friedrich der Weise – oder besser – eine Friederike… die einen Faible für Hochschulen hat. Aber falls es tatsächlich eine Friederike wird, dann muss es nicht unbedingt eine von Anhalt-Zerbst sein, die wegen besserer Karrierechancen und einer Art Verbeamtung auf Lebenszeit gleich ins Ausland abwerben lässt. Außerdem würde Trump gleich wieder über die Abhängigkeit Deutschlands von Russland schimpfen.
